Dienstag, 4. Oktober 2011

Caraz nach Chachapoyas: Kreuz und quer durch die Sierra Nordperus

4.9 -7.9.2011: Mühsames Vorankommen im Hinterland von Ancash
Nachdem wir uns in Caraz einen Tag von unserem Trek erholt haben, geht unser Weg weiter mit dem Rad Richtung Norden. Der Beginn der Strecke ist sehr erholsam: runter auf guter asphaltierter Strasse, kein Verkehr und nochmals Blicke auf die grünen Felder und Eisriesen. Bei der Einfahrt in den Cañon del Pato (Entenschlucht) ändert sich das Bild schlagartig: die Strasse wird zur Schotterpiste, die Landschaft trocken und das Tal immer wie enger. Die Strasse zwängt sich in unzähligen (unbeleuchten) Tunnels durch die Schlucht. Obwohl es eigentlich ständig runtergeht kommen wir bei grosser Hitze auf der steinigen Piste kaum vom Fleck. Als am Mittag auch noch heftiger Gegenwind aufkommt fühlen wir uns entgültig in patagonische Verhältnisse zurückgesetzt. Entkräftet suchen wir eine windgeschützte Stelle um zu campen und nehmen uns fest vor am anderen Tag früh loszufahren um wenigstens dem starken Gegenwind zu entgehen. Dieser Plan wäre auch fast aufgangen, hätten wir nicht am nächsten Morgen Aurelie & Florent getroffen, zwei Radler aus Frankreich die seit 3 Jahren rund um die Welt unterwegs sind und jede Menge interessanter Geschichten zu erzählen haben: so ist es halt schon wieder 11 Uhr und der Gegenwind hat schon wieder seine volle Stärke erreicht. Ermutigt von Berichten vieler anderer Radler die durchs Hinterland gefahren sind und abgeschreckt durch einige Geschichten über Raubüberfälle an der Küste entscheiden wir uns nicht mit dem Rad nach Trujillo weiterzufahren. Wir biegen deshalb bei Chuquicara (500m) rechts in das Tal des Rio Tablachaca ab. Plötzlich verwandelt sich der Gegenwind in einen unsichtbaren Hilfsmotor der uns dem Berg hochstösst, so dass wir bald wieder eine Höhe von 1200m erreichen wo wir unser Zelt aufstellen Auch der nächste Tag beginnt wieder mit einem "Rencontre" mit einem Tourero: diesmal ist es Arnaud aus Belgien der seit Alaska unterwegs ist und nebenbei noch die höchsten Gipfel jedes Landes besteigt. Er erzählt uns von seiner Routenwahl alles entlang dem Rio Tablachaca welche ein paar knietiefe Flussdurchquerungen mit dem Rad beinhaltet. Diese Vorstellung motiviert uns weniger und wir entschliessen uns der Strasse nach Pallasca zu folgen welche das Tal verlässt und sich steil die Bergflanke hochschlängelt. Ab etwa einer Höhe von 2300m beginnen wir unseren Entscheid zu bereuen. Vom Dorf ist immer noch keine Spur, die Strasse wird immer wie schlechter und steiler, so dass fahren kaum noch möglich ist. Als sich ein leerer Lastwagen an uns vorbei die Strasse hochquält packt Philipp die Gelegenheit beim Schopf und fragt ob wir die Räder bis Pallasca aufladen können. Huckepack in Pallasca (3100m) angekommen sind wir erstmals positiv überrascht ein so schönes koloniales Bergdörfchen vorzufinden und sofort die "Stars" des ganzen Dorfes zu sein. Sofort haben wir 20 Personen um uns herum die alle Alles über uns wissen wollen und uns die Schönheiten der Region zeigen wollen. Auch die (sichtlich gelangweilten) Polizisten sind froh über die Gelegenheit ein bisschen mit uns zu plappern und so erfahren wir viel interessantes über die Arbeit und Organisation der Polizei in Peru und kommen in den Genuss eines Nachtessens in Polizeibegleitung ;-) Am darauffolgenden Tag führt die Strasse wieder in unzähligen Serpentinen hinunter ins Tal bis auf eine Höhe von 2100m nur um auf der anderen Seite wieder genauso steil auf sandiger Piste wieder anzusteigen. Nach 3 Stunden erreichen wir Mollepata (2700m). Wir haben ein bisschen die Schnauze voll von miesen Strassenverhältnissen und steilem Auf und Ab ohne Ende. Wir entschliessen uns deshalb in Mollepata eine Bleibe zu suchen und am nächsten Tag den Bus bis nach Shorey (an der Hauptstrasse Trujillo - Huamachuco) zu nehmen, von wo die Strasse wieder asphaltiert sein soll.
 Canon del Pato: ein Tunnel nach dem Anderen ...

ein bisschen grün ...

viel Fels ...

 und Szenen wie aus einem "Spagetti-Western" von Sergio Leone 

  Im Aufstieg von Rio Tablachaca nach Pallasca

Isa vor der Kirche von Pallasca


 keine Angst: Isa wurde nicht verhaftet

Auf dem Weg nach Mollepata


 Viel "Hochprozentiges" zwischen Pallasca und Mollepata


8.9-10.9: Hässlich und Schön nahe beieinander
Von Mollepata bis nach Shorey sind es 150km, nicht allzu weit also. Doch der Bus braucht 9 Stunden für diese Strecke und wir verstehen auch bald wieso: zum Einten hält der Bus bei fast jedem Haus an um etwas ein- oder auszuladen, zum Anderen ist die Strasse eng, kurvig und sandig, so dass der Busfahrer meistens mehrere Versuche braucht um "um die Kurve" zu kommen. Wir denken jedenfalls schon bald dass wir doch lieber mit dem Rad weitergefahren wären ;-). Wir sind froh um 5Uhr Abends in Shorey (3700m) den Bus zu verlassen. Doch was wir dort vorfinden ist kein gepflegtes Dorf im Kolonialstyl sondern eine trostlos heruntergekommene Minensiedlung. Zum Glück finden wir eine mehr oder weniger akzeptable Unterkunft für die Nacht (zelten hätten wir hier nicht wollen). Am nächsten Tag fahren wir früh los um diesem tristen Ort zu entkommen ... nur um 5km später auf das noch tristere Quiruvilca zu treffen. Diese Minenstadt kommt uns vor wie ein Ghetto dass auf 4000m verpflanzt wurde. Die Menschen hier versuchen mit dem Abbau von Gold zu überleben. Die ganze Umgebung ist gezeichnet vom Bergbau, überall liegt Abfall herum und das Wasser in den Flüssen hat alle Farben ausser blau. Nach etwa 30km über ein Hochland geht die Strasse entlich runter nach Huamachuco (3200m), welches zu unserer Freude eine sehr schöne Kolonialstadt mit einer riesigen Plaza de Armas ist. In der näheren Umgebung hat es auch sehr viele historische Stätten welche zum Teil noch völlig unerforscht sind. Wir besuchen die die beeindruckende Burganlage Markahuamachuco aus der PreInka-Zeit (ca 1000 AC), wo die Restaurationsarbeiten erst gerade begonnen haben.

Mollepata nach Shorey: das Fahrrad darf Bus fahren


Quiruvilca: Minenarbeiterghetto auf 4000m 


 Die Minen sind omnipräsent

 ein Alpaca begleitet uns auf der Hochebene nach Huamachuco

 Kunst am Baum auf dem Hauptplatz von Huamachuco

Markahuamachuco: Blick auf die riesigen Rundhäuser "Las Monjas"


 Die Mauer der Zitadelle von Markahuamachuco 

11.9 - 16.9: Durchs Land der Riesenhüte nach Cajamarca
Bei unserer Abfahrt aus Huamachuco müssen wir seit langer Zeit wieder einmal unsere Regenausrüstung hervorkramen. Doch zum Glück ist die Strasse Richtung Cajamarca seit einem Jahr komplett ashaltiert so dass uns das Nass kaum am Vorankommen hindert. Die Region ist sehr ländlich und grün. Uns fallen sofort die riesigen Sombreros auf (der perfekte mobile Regenschutz ;-)) die hier fast alle Frauen tragen. Nach 50 hügeligen Kilometern erreichen wir Cajabamba (2700m): es herrscht ein riesen Chaos denn es ist Markttag und alle Strassen sind mit Verkaufsständen und Menschen überfüllt. Zum Glück finden wir ein bisschen abseits ein superschönes und ruhiges Hotel. Am nächsten Tag haben sich die Regenwolken verzogen uns so rauschen wir bei angenehmen Temperaturen ins Tal des Rio Cajamarca (1900m) nur um auf der anderen Seite wieder bis auf 2800m ansteigen zu müssen, bevor es wieder auf 2200m nach San Marcos runtergeht. Auch die letzte Etappe bis Cajamarca ist nochmals bergig und führt über zwei Pässe auf 3000m. In Cajamarca angekommen suchen wir zuerst mal ein gutes preiswertes Hostal. Doch wir merken dass wir hier wieder an einem klassischen Touristenort angekommen sind: sprich die Preise sind 2-3 mal höher als sonst für gleichbleibende Qualität! Cajamarca verdankt seinen Ruf vorallem als Stätte der Konfrontation des letzten Inka-Herrschers Atahualpa mit den Spaniern: Atahualpa wurde hier 1533 von Pizarro und 150 Schergen zuerst gefangen genommen, dann erpresst (Atahualpa musste als Lösegeld 2 Räume mit Gold füllen), und nach Bezahlung wegen angeblicher Blasphemie erdrosselt, tja so waren sie die Spanier ....


 Viele Wolken auf dem Weg nach Cajabamba

Sonntagsmarkt in Cajabamba: Riesenhut tragen Pflicht!

Auch aus der Politik ist der Sombrero nicht wegzudenken


 Im Tal des Rio Cajamarca

Blick auf die Altstadt von Cajamarca


17.9-19.9: Monsteretappen nach Leymebamba
Nach 3 Tagen in Cajamarca sind wir erholt für die 3 Monsteretappen die uns erwarten. Wir fahren schon um 6 Uhr los um unser 110km entferntes Ziel zu erreichen. Bis Encañada (km30) ist die Strasse asphaltiert, danach geht es kurvig auf Schotterpiste weiter durch eine grüne Landschaft die uns zum Teil eher an Irland als Peru erinnert. Nach 8 Stunden auf dem Rad erreichen wir das schön gelegene Celendin (2600m).
Auch am drauffolgenden Tag fahren wir wieder früh los, denn zuerst müssen wir bis auf 3100m zum Kamm des Marañon-Tals anzusteigen. Die Dimensionen dieses grössten Nord-Süd-Tals der Anden sind eindrücklich: mehr als 2000 Höhenmeter geht die Strasse nun hinunter bis nach Balzas auf 850m wo wir den Rio Marañon überqueren. Auch die klimatischen Unterschiede sind enorm: Oben auf dem Pass sind Mütze, Handschuhe und Regenschutz gefragt, unten im Tal herrscht erdrückende Hitze. Ab Balzas führt die Strasse für 60km immer berghoch bis auf 3600m, dass heisst fast 3000 Höhenmeter am Stück! Wir beginnen gleich mit dem Anstieg, denn wir wissen dass wir mindestens noch 1000 Höhenmeter schaffen müssen um am darauffolgenden Tag den Pass zu erreichen. Doch schon nach 3 Km Aufstieg stoppt uns zuerst ein Platten bei Isa und darauf treffen wir noch ein nettes deutsches Pärchen die mit einem Motorrad mit Seitenwagen unterwegs sind und unterhalten uns eine Weile mit ihnen. Da es unten im Tal für uns viel zu heiss und voller Mücken ist, fahren wir trotz mittlerweile knapper Zeitreserve weiter und schaffen es kurz vor Einbruch der Dunkelheit eine Höhe von 2100m zu erreichen wo wir unser Zelt im Vorgarten einer netten Carpintero-Famille aufstellen dürfen.
Nach einer erholsamen Nacht fahren wir am nächsten Tag wieder früh los um die letzten 1500 Höhenmeter in Angriff zu nehmen. Zuerst haben wir noch ein bisschen Sonne, doch ab 2700m befinden wir uns inmitten der Wolken und sehen zum Teil nur 10m weit: vielleicht auch besser, so kommen wir die beängstigenden Abgründe an denen wir vorbeifahren nicht allzu genau zu sehen. Zuoberst auf dem Pass setzt dann auch Wind und starker Regen ein, richtiges "Hudel"-Wetter ;-) Auf der anderen Seite dürfen wir dann durch eine immergrüne Landschaft 25km bis nach Leymebamba (2200m) hinuntersausen.

Das Profil von Cajamarca bis Chachapoyas

Irland? Nein Peru


Auf dem Weg nach Celendin


Riesenhut als Schattenspender in Celendin


Wolken trüben den Blick bei der Abfahrt nach Balzas 


die Brücke über den Rio Marañon


Unterwegs mit Seitenwagen Marke Eigenbau


Grüne Oase im trockenen Tal den Rio Marañon


Blicks ins Marañon-Tal


Je höher umso mehr Wolken


Sagenhafte Aussicht von ganz zuoberst ;-(


Grüne Landschaft kurz vor Leymebamba

Leymebamba

20-23.9.2011: Chachapoyas-Kultur-Woche
Das Oertchen Leymebamba zeichnet sich nicht nur durch seine schönen Kolonialbauten sondern auch durch das Mumien-Museeum aus. In diesem Museeum sind über 200 Mumien ausgestellt die 1995 in einer Grabstätte der Chachapoyas-Kultur gefunden wurden. Diese Gelegenheit uns historisch weiterzubilden lassen wir natürlich nicht aus ;-) Am Nachmittag rollen wir dann noch gemütlich 50km durch das grüne Tal des Rio Utcubamba bis nach Tingo (1800m), von wo wir die Chachapoyas-Festung Kuelap besuchen wollen.
Am nächsten Tag erwartet uns zuerst ein happiger Anstieg zu Fuss bis auf einen Felskamm mit 360°-Rundblick auf 3000m. Was wir hier oben zu sehen bekommen kann es durchaus mit Machu Picchu aufnehmen, mit dem entscheidenden Vorteil das der Eintritt nur 3 USD kostet, es kaum Touristen hat und man keinen überteuerten Touri-Zug nehmen muss. Die Festung Kuelap besteht aus einer 600m langen und 10-15 hohen Aussenmauer. Nur 2 schluchtartig angelegte Eingänge erlauben es die Festung zu betreten. Innerhalb der Mauern gibt es mehr als 400 Rundhäuser und einige Tempel und Zeremonialplätze. Im Unterschied zu Machu Picchu ist nur ein kleiner Teil restauriert. So bekommt man einen grossen Teil der Ruinen im "ursprünglichen" mit Pflanzen überwucherten Zustand zu sehen und man kann sich selbst ein bisschen als "Entdecker" fühlen ;-).
Weiter geht unsere Reise am nächsten Morgen nach Chachapoyas, der Hauptstadt des Departamentes Amazonas. Nur zu dumm dass die Spanier die Stadt auf einen Hügel gesetzt haben so müssen wir von Tal 600 Höhenmeter hochkrackseln. Von Chachapoyas organisieren wir uns erstmals die Weiterfahrt mit dem Bus an die peruanische Küste, denn in Trujillo wartet ein Packet mit Ersatzmaterial aus der Schweiz auf uns. Wir entscheiden uns für einen Nachtbus nach Chiclayo am nächsten Tag. Dass heisst wir haben noch einen ganzen Tag Zeit um einige nahe gelegene historische Stätten zu besuchen, wir schliessen uns deshalb einer organisierten Tour (unserer ersten in 9 Monaten) zu dem Pueblo de los Muertos (Dorf der Toten) und den Sarcofagos de Karajia an. 
Am Oberlauf des Rio Utcubamba


Der Eingang zur Festung Kuelap


Isa die Entdeckerin


Rundhäuser in Kuelap


Das Lama ist neben uns der einzige Besucher


Steingravuren der Chachapoyas-Indianer

Philipp beim Stadtbummel durch Chachapoyas


Auf dem steilen Weg zum Pueblo de los Muertos


Mumienpackete in einer Felsnische


Das Pueblo de los Muertos wurde auf einem 3-4m breiten Felsvorsprung errichtet


Die Sarkofage von Karajia sind nur 2 Meter hoch


Menschliche Knochen unterhalb der Sarkofage

2 Kommentare:

Beat hat gesagt…

Hallo zäme. Das ist ja wieder ein Super-Potpourri von Fotos und Eindrücken ... und dann diese Sombreros und Höhenmeter ... fast unglaublich!
Weiterhin gut auf und ab und liebe Grüsse. Beat

Jeannine hat gesagt…

Hallo zäme
die bunten politischen Malereien vom vorigen Bericht haben mir total gefallen.Leider konnte ich den Kommentar nicht senden-Sabotage??
jetzt probier ichs wieder,vielleicht gehts!
Ihr habt ja wieder eine Mordsetappe hinter Euch, dieses Rauf und Runter würde mich fertig machen, aber ich bin ja auch nicht mehr so jung!!
Grüsse und machts weiterhin guet
Jeannine

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