Mittwoch, 30. März 2011

Mystisch schöne (harte) Carretera Austral

26.2.2011

Nachdem wir uns 2 Tage in einer kleinen Estancia von der abenteurlichen Grenzübertritt erholt haben (siehe vorheriger Post), geht es mit einem Boot bis nach Villa O'Higgins, von wo wir die 1200km der Carretera Austral in Angriff nehmen wollen. Die Strasse wurde auf Befehl von General Pinochet erbaut, um vorallem gegenüber Argentinien militärische Präsenz zu markieren, da sich die beiden Länder bis vor kurzem nicht auf die Grenzen in Patagonien einigen konnten.

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Estancia Mancilla am Ufer des Lago O'Higgins

Fahrrad reinigen auf die "bequeme" Art vor der Ueberfahrt nach Villa O'Higgins

Bei unserer Ankunft in Villa O'Higgins sind wir überrascht dass ein Hostal-Besitzer uns schon zu kennen scheint (jedenfalls unsere Namen), doch unser Bekanntheitsgrad klärt sich bald auf. Fred & Jérome, zwei Toureros aus Frankreich welche wir in Puerto Natales kennen gelernt haben und welche wir schon viel weiter im Norden erwartet haben, sind in Villa O'Higgins hängen geblieben, da ihnen der Hostalbesitzer Arbeit angeboten hat. Dank ihnen kommen wir in den Genuss eines exklusiven Jacuzzi mit lokalem Gerstensaft, mit anschliessendem Lammbraten: der perfekte Einstieg in die Carretera Austral;-)

Jacuzzi in Begleitung von Fred & Jérôme
27.2.2011
Unsere ersten Tage auf der Carretera Austral verlaufen so wie wir es erwartet/befürchtet haben .... in Begleitung von Dauerregen geht es steil auf und ab auf einer mehr oder weniger fahrbahren Piste. Doch in den kurzen Momenten wo die Sonne hervorkommt, offenbart sich die ganze Schönheit dieser wilden und komplett unberührten Landschaft.

Grashalme tanzend im Wind bei Villa O'Higgins

Gletscher im Sonnenlicht

Meistens sieht es aber eher so aus, das heisst man sieht nicht wirklich viel

Nach 2 Tagen kommen wir an den Rio Baker, den grössten Fluss Chiles. Die vielen Regenfälle haben den Fluss stark anschwellen lassen. Ein paar Tage nach unserer Durchfahrt musste die Strasse sogar deswegen geschlossen werden.

Strasse entlang des Rio Baker mit Hochwasser

An Wasser mangelt es nicht an der Carretera Austral. Zeltplatz in der patagonischen Wildnis.

Nach 4 Tagen erreichen wir Cochrane, dass zum Glück ein trockenes Mikroklima aufweist, da der Ort durch hohe Berge vom Pazifik geschützt ist. Wir geniessen es an einem Ruhetag die Sonne wieder zu sehen und vorallem all unsere Sachen zu trocknen.

Je näher wir Cochrane kommen, je trockener wird es.

4.3.2011
Bei strahlend blauem Himmel geht es wieder los dem Rio Baker entlang Richtung Lago General Carrera, dem zweitgrössten See Südamerikas. In diesem Abschnitt ist der Fluss unglaublich schön mit seinem türkisfarbenen Wasser, wilden Schluchten und Stromschwellen.

Das unberührte Flussbeet des Rio Baker

Leider ist all diese Schönheit in grösster Gefahr. Ein grosses Staudammprojekt ist geplant um Strom zu produzieren. Wasserkraft ist ja sauber und nachhaltig als Energieträger, wenn aber diese Energie ausschliesslich für die metallurgische Industrie 3000km im Norden von Chile vorgesehen ist, wo 360 Tage im Jahr die Sonne scheint (Solaranlagen liebe Herren?), erscheint der lokalen Bevölkerung (und auch uns) die Zerstörung einer der letzten völlig unberührten Regionen der Welt als höchst fragwürdig. Falls euch dieser Kampf der Menschen aus Patagonien gegen die Energiemultis interessiert, besucht doch ihre Webseite: Patagonia Chilena sin Represas.

Patagonia chilena sin represas! (Patagonien ohne Staumauern!)

Lago General Carrera

5.3.2011
Der Tag beginnt wieder mit strahlend blauem Himmel. Es ist auch entlich so warm das wir zum ersten Mal seit Beginn unserer Reise die kurzen Radhosen anziehen können. Uebermotiviert rasen wir richtig gehend über die zahlreichen Schlaglöcher, doch leider kann diesem Tempo Mensch und Maschine nicht standhalten. Als erstes verliert Isa irgendwo auf der Strecke eine Vorderbremse, die wir trotz intensiver Suche nicht wieder finden. Somit geht es halt weiter ohne Vorderbremse.


Hier war die Bremse noch dran ;-)

Danach macht sich die Schulter von Isa mit einem stechenden Schmerz zu bemerken... In Rio Tranquillo angekommen, können wir zum Glück das "Bremsproblem" lösen. Ein Chilene, der uns eigentlich eine Bootstour andrehen wollte hat zufällig ein altes Rad im Garten von welchem er die Bremse abmontiert und uns schenkt....Super nett diese Chilenen! Danach können wir auch das "Schulterproblem" dank einem Massageservice in einer Luxusherberge einigermassen lösen. Doch da taucht schon das nächste Problem auf! Als Isa von der Masseurin bearbeitet wird möchte Philipp ein bisschen mit dem eigens aus der Schweiz mitgebrachten Netbook im Web surfen: Doch das Ding lässt sich nicht mehr einschalten! Die vielen Schläge beim Radfahren auf der Piste waren wohl dem Laptop zuviel des Guten.... Nach so vielen Problemfällen an einem Tag entschliessen wir uns zuerst mal einen Tag Pause zu machen und suchen uns einen schönen Camping direkt an See.

Sicht vom Camping in Rio Tranquillo auf den aufziehenden Sturm über dem Lago General Carrera.

Erholung vom "Problemtag"

7.3.2011

Nach einem Tag Pause geht es weiter dem See entlang mit Sonne aber auch mit immer wie stärkerem Gegenwind. Es geht weiterhin vorbei an einer eindrücklichen Natur wo der Mensch noch kaum Spuren hinterlassen hat.

Lago General Carrera

Rio Muria

Nach einem kleinen Pass kommen wir an die Ufer des Rio Ibañez. Das ganze Tal ist übersät mit verkohlten Bäumen, dieser Bosque Muerto (Toter Wald) stammt vom Ausbruch des Vulkans Hudson im Jahre 1991.

Kleiner Pass

Bosque Muerto mit Vulkan Hudson im Hintergrund

8.3.2011

"Nur noch 35 Km Ripio dann kommt Asphalt", sagen wir uns zur Motivation. Doch diese letzten Schotter-Km haben es noch einmal in sich und verlangen uns alles an Fahrtechnik ab, doch (wie fast immer) entschädigt uns die schöne Landschaft für die zahlreichen Rippen und Schlaglöcher die wir zu erdulden haben.

Landschaft bei Villa Cerro Castillo

In Villa Cerro Castillo angekommen "feiern" wir 500km Ripio (Schotterstrasse) am Stück mit einem guten Burger in einem in ein Restaurant umgebauten Bus.

Asphalt, ich komme!!!!!

Burger-Bus in Villa Cerro Castillo

Ab diesem Moment ist zwar die Strasse asphaltiert, dafür gehts mit den Höhenmetern richtig zur Sache. Wir klettern 700m hinauf auf einen Pass auf 1120m (höchster Punkt der Carretera Austral) wo uns Regen und stürmischer Wind erwartet.

Aufstieg zum Pass

9.3.2011

Es fehlen eigentlich nur 60km asphaltiert und bergab bis Coyhaique (mit 50'000 Einwohnern grösste Stadt in der ganzen Region), also eigentlich eine lockere Etappe. Doch was werden die anstrengend!! Der Wind bläst so stark und ist so böig, dass an Radeln kaum zu denken ist. Nach 15km im Gegenwind haben wir eigentlich keinen Bock mehr auf Fahrrad und wir versuchen es zum ersten Mal auf unserer Reise mit Autostop (soll laut anderen Toureros auch mit Fahrrad ganz gut funktionieren, da hier alle Pickups haben). Doch bei uns klappt das nicht so richtig, so fahren/schieben wir halt weiter. Nach fast 6 Stunden kommen wir oberkaputt in Coyhaique an, wo wir uns erst Mal einen Tag ausruhen.

Auf dem windigen Weg nach Coyhaique

11.3.2011

Die Reise geht weiter Richtung Norden nach Villa Manihuales wo wir in den Genuss unserer ersten "Casa de cyclistos" kommem. Jorge, der Velotourero-Fischer (so nennt er sich selbst) empfängt uns in seinem Haus, wo er extra für Toureros wie uns ein Zimmer eingerichtet hat. Dort lernen wir auch 3 Franzosen und einen Japaner kennen und verbringen einen gemütlichen Abend. Vielen Dank Jorge!

Auf dem Weg nach Villa Manihuales

Profil der Carretera Austral aufgezeichnet in der Casa de ciclistos. Den Teil rechts haben wir schon hinter uns.

12-15.3.2011

Nach einem eher trockenen Mikroklima rund um Coyhaique wird die Gegend Richtung Puerto Cisnes wieder regnerisch. Der Wald verwandelt sich mehr und mehr in einen regelrechten Urwald und die Strasse ist gesäumt von der Nalca-Pflanze (auch Mammutrabarbher gennant) mit Blätter mit einem Durchmesser bis zu 2m. Auch die Gletscher werden wieder mächtiger und stürzen sich zum Teil abenteuerlich in die Tiefe.

Blick auf den Quelat-Gletscher

Mammutrabarbher

Philipp geniesst zur Abwechslung mal warmes Nass (40°) in den Thermen von Puyuhuapi

16-18.3.2011

Der Regen will uns leider in diesen Tagen nicht mehr verlassen, was uns doch ein bisschen aufs Gemüt schlägt. In Junta entschliessen wir uns kurzfristig die Carretera Austral ein bisschen früher zu verlassen und ein Schiff Richtung Insel Chiloé zu nehmen. Das heisst anstatt 200km Schotterpiste bis Chaiten nur noch 70km bis zum Pazifik ins Fischerdorf Raul Marin Balmaceda radeln.

Entlang des Rio Palena nach Raul Marin Balmaceda

Sanddünen bei Raul Marin Balmaceda

Die Fahrräder warten darauf auf die Fähre verladen zu werden

Wir verlassen die regenreiche Küste der Region Aysen ....

... um an der regenreichen Küste der Insel Chiloe (Quellon) zu landen.

19-21.3.2011

Wind und Regen bleiben uns auch auf Chiloe treu, so schenken wir uns die 100km von Quellon bis Castro und nehmen den Bus. Viel verpasssen tun wir sowieso nicht, die Landschaft gleicht ein bisschen Irland mit einem Schuss Galizien nur (noch) regnerischer und ungepflegter. Castro ist die Hauptstadt der Insel Chiloe und seine "Palafitos" (Häuser auf Holzpfählen) stehen auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste, wie übrigens auch 13 Holzkirchen auf der Insel. An den folgenden Tagen radeln wir in Begleitung des Regens zuerst nach Dalcahue (wunderschönes Fischerdorf) und danach nach Ancud in den Norden der Insel.

Holzkirchen von Castro, Dalcahue et Achao.

Die Palafitos von Castro bei Flut und Ebbe

Fischerboote bei Dalcahue

22.3.2011

Wir glauben es kaum: Wolkenloser Himmel! Nach fast einer Woche mit jeder Menge Regen ist dies ein echter Genuss. Wir verlassen die Insel Chiloe auf der berühmten und in im Gegensatz zur Carretera Austral äusserst verkehrsreichen Panamericana. Bei Chacao setzen wir mit einer Fähre auf das Festland über um danach nach Puerto Montt zu radeln.

Ferry zwischen Chiloé und Festland

Costanera de Puerto Montt

In Puerto Montt machen wir erst mal Pause und müssen leider auch die Hoffnungen unser Netbook reparieren zu können entgültig begraben. Wir können aber wenigstens alle Daten auf dem Rechner sichern und schauen uns nach einem Ersatz-Netbook um.

Bis zum nächsten Meteobericht aus Chile ;-)

Isa & Philipp

1 Kommentar:

beat.schaer hat gesagt…

Hallo Isa & Philipp. Wie bisher sind wir beeindruckt von der Schönheit der Fotos. Die Realität ist sicher noch schöner. Darauf sind wir echt neidisch, indessen eher weniger auf Wind, Regen, Schotter, Schlaglöcher, u.ä. Weiterhin alles Gute und viel Glück. Liebe Grüsse. Beat & Jeannine

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