Freitag, 9. September 2011

Huanuco nach Caraz: zu den weissen Bergen

24-26.8.2011: Kontrastprogramm in der Provinz Huanuco
Nach einer 7stündigen Busfahrt kommen wir um 5Uhr am Morgen in Huanuco (1900m) an, die perfekte Zeit um gleich loszuradeln ;-) in der morgentlichen Frische nehmen wir den Aufstieg zu der Corona del Inca (4000m) in Angriff. Die Strasse ist zwar sehr eng aber durchgehend geteert und führt durch ein grünes Tal. Die Dörfer am Strassenrand hingegen sind sehr ärmlich und es gibt kaum etwas zu kaufen in den Läden. Hier bekommen wir wieder einmal eine gehörige Portion Gringo-Rufe und agressiver Hunde ab. Nach 6 Stunden auf dem Rad erreichen wir das auf 3700m gelegene Dorf Jacas Chico, dass aber leider keine Unterkunft zu bieten hat. Die Menschen sind sehr verschlossen und meinen wir sollen uns beim Puesto de Salud (Krankenstation) erkundigen. Isa fragt dort nach und zu unserer Freude lädt uns die Krankenschwester Jovelia ein doch gleich auf dem Puesto zu übernachten. Da sonst nicht viel los ist, haben wir Zeit uns ausführlich mit dem jungen Arzt Victor und der Krankenschwester zu unterhalten und etwas über ihre Arbeitsbedingungen zu erfahren. Es fehlt an allem: Als direkter Studienabgänger (1 Jahr "Landdienst" ist für jeden jungen peruanischen Arzt Pflicht) ist Victor verantwortlich für ein Gebiet im Umkreis von 20km, verfügt aber über kein Transportmittel, somit muss er für Hausbesuche zum Teil bis 4 Stunden laufen. Auch medizinische Geräte und Medikamente sind Mangelware, somit bleibt dem medizinischen Personal häufig nur das Ausfüllen von Totenscheinen und Verfassen von statistischen Analysen über die häusliche Gewalt und die chronische Unterernährung der Kinder. Uns fällt diese Unterernährung erst auf als wir Jungs mit einer Statur von 8-Jährigen beim Spielen zusehen und vom Arzt erfahren dass sie allesamt zwischen 13-14jährig sind. Ausser Papas (Kartoffeln) und Reis bekommen sie nichts zu essen, die Hühner und Schweine die die Familien haben sind alle nur zum Verkauf bestimmt, so leiden die Kinder alle unter einen akuten Vitamin- und Proteinmangel. Victor und Jovelia laden uns ein gemeinsam zu Essen, sie organisieren ein paar Eier und wir steuern ein bisschen Chorizo und Tomaten bei, so können wir uns eine leckere Tortilla  zubereiten. Nach einer Nacht auf dem Krankenbett (ohne krank zu sein ;-)), fahren wir noch eine Stunde bis zum Pass (4000m), danach geht es mehr oder weniger runter ins Tal des Rio Marañon (neben dem Apurimac der zweite Quellfluss des Amazonas) bis nach La Union (3200m). Neben der veränderten Landschaft fällt uns auch das extreme Wohlstandsgefälle auf. Waren beim Aufstieg die Dörfer ärmlich, die Menschen abweisend, die Kinder dreckig und schlecht gekleidet, so sind im nächsten Tal die Häuser gepflegt, die Läden gut ausgestattet, die Menschen freundlich und die Kinder in schmucke Schuluniformen gekleidet. Woher wohl diese riesen Unterschiede auf wenigen Kilometern kommen? Am nächsten Tag besuchen wir am Morgen zuerst Huanuco Viejo, Ruinen eines alten Inka-stadt. Welch ein Kontrast zu Machu Picchu: die Hinfahrt ist spottbillig und erfolgt in einem Collectivo (Sammeltaxi), der Eintritt kostet 5 Soles (30 mal weniger), vor Ort sind wir die einzigen Touristen und bekommen in den Genuss einer exklusiven Führung; die Stätte ist erst seit 4 Jahren in Restauration und wir können den Arbeiten direkt zuschauen. Wieder einmal sind wir beeindruckt von der baulichen Finesse der alten Inka-Gemäuer. Am Mittag nehmen wir noch den Aufstieg zum Abra Yanashalla (4700m) in Angriff. Nach 4 Stunden Fahrt auf grösstenteils asphaltierter Strasse durch eindrückliche Landschaften erreichen wir eine Höhe von 4300m und stellen dort unser Zelt auf.

 Auf dem Weg zur Corona del Inca: Terrassenfelder an den unmoeglichsten Orten

  Blick von Jacas Chico hinunter nach Huanuco

 Unsere Gagtseber vom Puesto de Salud von Jacas Chico

 Richtung La Union geht's am Rio Marañon vorbei
 Eindrueckliche Inka-Ruinen von Huanuco Viejo

 Durch tiefe Schluchten fuehrt der Weg weiter

27-29.8.2011: Wieder einmal Radfahren auf MontBlanc-Niveau
Beim Aufstehen am nächsten Morgen staunen wir nicht schecht als wir feststellen dass das ganze Zelt völlig vereist ist. Beobachtet von einem einsamen Stier bauen wir unser Zelt ab und radeln danach bis auf 4700m auf asphaltierter Strasse. Dort biegt eine erstaunlich gute Schotterstrasse von der Hauptstrasse ab und führt direkt in den Huascaran-Nationalpark. Die Strasse steigt zwar fast bis 4900m an und ist dementsprechend anstrengend, die Farben der Felsformationen, die Aussichten auf die umliegenden vergletscherten Berge und die weiten Täler sind aber schlicht atemberaubend. An gewissen Stellen führt die Strasse nur wenige hundert Meter unterhalb von Gletschern vorbei, so nahe sind wir dem Eis seit Patagonien nicht mehr gekommen. Nach einem permanenten Rauf und Runter zwischen 4600-4900m erreichen wir einen letzten Pass von wo die (ab diesem Punkt leider schlechte) Strasse nur noch runtergeht, vorbei an den Riesenpflanzen Puya raymondii, bis zum Besucherzentrum Carpa auf 4100m, wo wir in einem Refugio übernachten dürfen. Am nächsten Tag erwarten uns noch 13km Abfahrt auf mieserabler Piste bis wir die asphaltierte Hauptstrasse erreichen von wo wir entlang des Rio Santa das noch 50km entfernte Huaraz in weniger als 2 Stunden erreichen. Huaraz (3000m) ist das Zentrum für den Tourismus in die Cordillera Blanca, hat aber sonst nicht viel Charme. Das alte Zentrum wurde bei einem Erdbeben 1970 komplett verstört. Wir beschliessen deshalb am Tag darauf gleich weiterzufahren, vorbei am 6788m hohen Huascaran (damit höchster Berg Peru und zweithöchster Südamerikas), bis nach Caraz (2200m), einer sympatischen kleinen Stadt am Fusse der Cordillera Blanca, wo wir eine mehrtägige Wanderung zu den Eisriesen vorbereiten.

 Beobachtet von einem Stier packen wir unsere sieben Sachen zusammen

 Andine Hochtaeler ...

 Bergseen....

 Gletscher ...

 noch mehr Gletscher ...

... bekommen wir auf unserer Fahrt auf fast 4900m zu sehen

 Weiter geht's mit Schafzucht auf 4800m....

 ... und archaischen Riesenpflanzen (Puya Raimondii) auf 4400m

 Blick vom Besucherzentrum Carpa (Nationalpark Huascaran)

 Blick auf die Cordillera Blanca von unserem Hotelzimmer in Huaraz

 Plaza de Ginebra in Huaraz: Laut Wanderschild fehlen nur noch 10416km bis in die Schweiz ;-)

 Zwischen Huaraz und Caraz: Blick auf den Huascaran

30.8 -2.9: Wetterkapriolen auf dem Santa Cruz-Trek
Der Trek beginnt mit einer Fahrt in einem Collectivo (ein für peruanische Verhältnisse mit 9 Personen "normal" gefüllter PKW: 3 vorne, 4 hinten und 2 im Kofferraum ;-)) bis nach Cashapampa (2900m), dem Ausgangspunkt des Santa Cruz-Treks. Nachdem wir je 65 Soles Eintritt für den Nationalpark bezahlt haben, geht es los mit der Wanderung. Bei noch schönem Wetter laufen wir ein enges Tal hoch. Je weiter wir ins Bergmassiv eindringen umso stärker wird der Wind.  Bis nach Laguna Ichiqcocha auf 3800m, wo wir unser Zelt aufstellen wollen, sind wir regelrecht inmitten eines Fön-Sturms. Am Hauptkamm werden die Wolken an die Berge gedrückt, so dass wir leider die Gipfel nicht zu sehen bekommen. Nach einer windigen Nacht laufen wir am nächsten Tag weiter ins Tal hinein. Der Gegenwind wird immer wie stärker, so dass das Laufen manchmal schwer fällt. Oben beim Passo Union (4750m), hat der Wind zwar abgenommen, dafür stecken wir mitten in den Wolken und einigen Schneeschauern. Wie betrübend, soll mann doch von diesem Pass die schönste Aussicht in den ganzen Anden haben. So schnell geben wir aber nicht auf ! Wir beschliessen dem Wetter am Tag darauf nochmals eine Chance zu geben und stellen unser Zelt am Rand eines Bergsees nur 150 Höhenmeter unterhalb des Passes auf, in der Hoffnung dass wir am nächsten Tag nochmals hochsteigen können um die Sicht zu geniessen. Und tatsächlich klart der Himmel gegen Abend auf und wir packen uns gutgelaunt in unsere Schlafsäcke ein. Doch was für eine Enttäuschung: Anstatt klarem Himmel und Blicke auf weisse Gipfel erblicken wir am nächsten Morgen ein mit Schnee bedecktes Zelt, viele Wolken und Schneefall. Schnell packen wir unsere sieben Sachen zusammen und laufen das Tal hinunter, wo der intensive Schneefall langsam in intensiven Regen wechselt. Mit unserer Moral ist es nicht mehr zum Besten: Wir laufen seit 3 Tagen, der Rücken schmerzt von den schweren Rucksäcken (wir lassen uns unsere Sachen nicht von Mulis tragen wie alle anderen Touris) und wir haben noch keinen einzigen Gipfel gesehen. Schlussentlich erreichen wir in Vaqueria (3700m) das Ende des Trails und erhaschen nach kurzer Wartezeit eine Mitfahrgelegenheit zurück über den Hauptkamm ins Tal des Rio Santa. Oben auf dem Portezuelo de LLanganuco (4760m) angekommen, sehen wir zwar noch keine Gipfel, die Aussicht auf die Gletscher sind aber wieder atemberaubend und wir entschliessen uns deshalb (als unverbesserliche Optimisten) dem Wetter nochmals eine Chance zu geben. In Cebollapampa (3900m) steigen wir aus und stellen unser Zelt auf einem Zeltplatz auf. Diesmal hat sich unsere Sturheit gelohnt. Schon am Morgen können wir beim Aufstieg zur Laguna 69 (4600m) erste Blicke auf den Huascaran (6788m) erhaschen. Beim weiteren Aufstieg zu einem Pass auf 4900m und dem Abstieg zum Refugio Peru am Fusse des Pisco (5700m) klart der Himmel immer wie mehr auf. Nach und nach kommen die eindrücklichen Eisriesen zum Vorschein. Vorallem der Huandoy (6300m) mit seinem messerscharfen Grat beeindruckt uns gewaltig. Nach 6 Stunden Marsch sind wir wieder zurück in Cebollapampa. Kaputt aber happy bauen wir unser Zelt ab und nehmen ein Collectivo zurück nach Yungay und danach nach Caraz.

 Was der Touri nicht tragen will, dass traegt das Muli

 Viel Wind bei der Laguna Jatuncocha

 Dunkle Wolken hinten im Tal lassen nichts Gutes erahnen

 Laut Lonely Planet bietet die Punta Union den schoensten Blick der ganzen Anden... tja

 Hoffnung !

 Hoffnung vernichtet :-(

 So macht Wandern keinen Spass

 Portezuelo de LLanganuco: Wir sehen doch etwas !

 Endlich am vierten Tag: (fast) freie Sicht auf die Eisriesen (Huascaran: 6788m)

 Laguna 69 auf 4600m: Blauer geht nicht

 Isa ausser sich vor Freude ...

 ... ueber das spektakuläre Panorama

 Der messerscharfe Grat des Huandoy (6300m) oberhalb des Refugio Peru

 Pisco (5700m): kaum zu glauben, soll aber einer am einfachsten zu besteigenden Berge der Cordillera Blanca sein

Auch farbenfrohes ist zu finden auf fast 5000m

3 Kommentare:

Tobi&Nadine hat gesagt…

Wunderbar, wie Ihr es schafft, immer noch einen Climax oben drauf zu setzen. Die Bilder sind wieder einmal phantastisch bis grandios!

Wie immer sehr gespannt auf die Fortsetzung verbleiben
stets die Euren
Tobi, Nadine und Nachwuchs

Jeannine hat gesagt…

Hallo Ihr zwei unermüdlichen
das ist ja wieder einmal spektakulär, ein wunderbarer Anblick,diese Schneeriesen!
All Eure Erlebnisse sind wunderbar, auch wenn es manchmal weniger Schönes dabei hat(Krankenstation)aber auch das gehört dazu.
Machets weiterhin gut und
Grüsse aus dem noch sommerlichen Murten
Jeannine

Beat hat gesagt…

Hallo ihr Wilden! Mich hat es teilweise vom blossen Anschauen der Fotos vor Kälte, Nässe und Wind "geschuderet" (berndeutsch für Frostzittern) ... und übrigens: Die 10'000 km bis Suiza wären ja kaum weiter, als was Ihr bisher gefahren seid, ohne Berücksichtigung der 100km Höhendifferenz ... would be a challenge!
Machet's guet und weiterhin viel Glück. Beat

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