Samstag, 22. Januar 2011

Wind, Staub, Eis und ein Speichenbruch

9/1/2011

Nach einem Ruhetag in El Calafate brechen wir zu unserem ersten "richtigen" Velotag auf. Wir sind ambitiös, wagen wir uns doch gleich auf eine patagonische Piste, obwohl auch eine geteerte Strasse an unser Ziel, den Perito Moreno Gletscher, führen würde.



Die ersten Pistenkilometer

Dieser Pistenausflug erweist sich als guter Materialatest, den leider nicht alle Teile bestehen. Denn schon nach 10km auf dem Schotterweg hat Philipp einen Speichenbruch im Hinterrad zu beklagen und dies erst noch auf der Seite der Ritzel. Zum Glück sind wir aber auf (fast) alle Eventualitäten vorbereitet und haben die Tools (Ritzelöffner und Ersatzspeiche) zur Behebung dabei, und so ist nach ungefähr einer Stunde (tja, wirklich geübt als Mechs sind wir noch nicht) der Schaden behoben.



Philipp beim Ersetzen der Speiche

Weiter geht es dann bei immer heftigerem Gegenwind auf schlechter werdender Piste Richtung Anden. Dementsprechend langsam kommen wir voran und wir beschliessen vor dem Parkeingang bei einer beim Rio Mitre zu übernachten.



Blick von unserem Zeltplatz am Rio Mitre

10/1/2011

In der Hoffnung dem Gegenwind zu entkommen, geht es am nächsten Tag früh los Richtung Gletscher. Es ist aber einer dieser Tage wo der Wind unabhängig der Tageszeit einem um die Ohren pfeift.



aufgewirbelter Staub vom Wind

So (er)kämpfen wir uns halt gegen die Windböen die letzten 33km entlang dem Brazo Rico bis zum Gletscher. Doch der Kampf hat sich gelohnt! Was wir dort zu sehen bekommen übertrifft unsere kühnsten Erwartungen, diese perfekte Eiswand die wir dort zu sehen bekommen haut uns fast aus den Socken und wir knipsen Bilder was das Zeugs hält...



Geschafft ;-)



Auf den Passarellen bei der Gletscherzunge



Que bello !

Seit 2007 ist leider Campieren im Nationalpark offiziel nicht mehr erlaubt, doch als Velotoureros besitzen wir einen kleinen Bonus. Nach Nachfrage bei den Parkrangers dürfen wir unser Zelt in unmittelbarer Nähe der Gletscherzunge aufstellen. Dies ermöglicht uns den Gletscher am Abend ganz alleine zu geniessen. Zu diesem speziellen Anlass genehmigen wir uns einen kleinen "Appenzeller on the rocks". Merci Heidi & Löru ;-)



Appenzeller on the Rocks



Prost

11/1/2011

Der nächste Tag beginnt mit einem Frühstück mit Sicht auf den Perito Moreno. Danach müssen wir uns leider von diesem wunderschönen Ort verabschieden und radeln zurück Richtung El Calafate. Normalerweise sollten wir jetzt Rückenwind haben doch dem ist nicht so. So kämpfen wir uns halt wieder gegen den Wind, erst ganz zum Schluss dreht der Wind in die richtige Richtung und wir "fliegen" mit 40Km/h über die Strasse.



Frühstrückskaffee beim Perito Moreno

Den Nachmittag in El Calafate benutzen wir um uns für die nächsten 4 einsamen Tage Richtung Torres del Paine mit Nahrungsmittel einzudecken. Auf den 200km dorthin gibt es kaum Versorgungsmöglichkeiten oder irgendwo ein Flüsschen um an Wasser zu kommen, somit müssen wir halt all diesen Proviant selbst mitnehmen. Am Abend stärken wir uns noch mit einer "Parilla Libre" (Alles vom Schaf a gogo) für die kommenden Tage.

12/1/2011

Jetzt geht es erstmals Richtig in die Pampa. Schon 30Km nach El Calafate ist man im "no man's land", wo der Wind König ist, und kaum mehr ein Busch wächst. Nach einer grösseren Steigung die uns auf ein Hochplateau führt erreichen wir El Cerrito, das einzige Haus weit und breit. Es ist eine Station des "service vial", die sich um den Unterhalt der Strasse kümmern. Dort dürfen wir unser Zelt in einer Art Garage windgeschützt aufstellen.



I'm a lonesome rider ...



Unser Zeltplatz bei El Cerrito

El Cerrito ist ein echter Klassiker unter den Radtoureros, so sind wir nicht überrascht als 2 Stunden nach uns noch 2 andere Toureros eintreffen, die ebenfalls ihr Nachtlager dort einrichten. Es handelt sich um Arnau aus Spanien (unterwegs seit 4 Monaten) und Damian aus Argentinien. Er ist schon dreieinhalb Jahre unterwegs und hat den ganzen Kontinent seit Alaska durchradelt und Geld für die SOS Kinderdörfer gesammelt! Dementsprechend sieht auch sein Rad aus, ein Sammelsurium aus Gegenständen die er auf seiner Reise erhalten hat.



Damian mit seinem fahrenden Museum

13/1/2011

Wir haben schlimme Vorahnungen für diesen Tag. Krasser Gegenwind und übelste Piste auf diesem Abschnitt der (alten) Ruta 40 erwarten uns, und wir werden nicht "enttäuscht". An ein Vorankommen im zweistelligen km/h- Bereich ist nicht zu denken. Zu stark ist der Wind und zu schlecht die Piste.



Piste so weit das Auge reicht



Manchmal geht's nur mit Stossen

Doch mit Damian und Arnau haben wir zwei andere Leidensgenossen die genau wie wir zu den Torres del Paine wollen. So treffen wir uns in der Mitte der Strecke hinter einem grossen Felsblock um einigermasen windgeschützt etwas zu essen.



Essenspause mit Damian und Arnau

Wir treffen auch auf einen anderern argentinischen Tourero, der in Richtung Norden unterwegs ist. Er berichtet uns dass in Chile gestreikt wird und überall Strassenblockaden anzutreffen sind. Nach schlussendlich 9 Stunden auf dem Rad (für 69km!) treffen wir erschöpft in Tapi Aike (eine Tankstelle und eine Polizeistation) ein und stellen unser Zelt hinter einem kleinen Baum auf.

14/1/2011

Trotz nur vager Informationen über den Streik beschliessen wir trotzdem Richtung Chile aufzubrechen, und zu unserer Ueberraschung hat auch der Wind fast völlig nachgelassen, somit erreichen wir in nur 2 Stunden die Grenze.



Erster Grenzübergang unserer Reise

Wir verstecken noch schnell unsere Käsereserven in unseren Trikots (Import von Frischwaren wie Früchte, Fleisch oder Milchprodukte nach Chile ist verboten) und wagen uns zur Zollstation. Zum Glück ist auch wieder Damian vor Ort, der geschickt die Zöllnerin so zuplappert dass die ihre Aufgabe, das Durchsuchen unserer Gepäckstücke, glatt vergisst. In Cerro Castillo, dem ersten Dorf auf der chilenischen Seite sehen wir auch die ersten Anzeichen des Streikes, Busse die quer über die Strasse gestellt sind und jede Menge gestrandeter Touristen aus dem Nationalpark die diesen nicht mehr verlassen können da keine Busse mehr fahren. Hier erfahren wir auch den Grund warum die Chilenen der Provinz Magellanes streiken. Die Regierung hat ihnen die Subventionen für Gas von 80% auf 60% gekürzt. Hier treffen wir auch auf Emma et Jonathan aus London welche per Tandem unterwegs Richtung Nationalpark sind.



Stiller Protest der Magellanes

Für uns ist das ganze aber völlig unproblematisch. Wir decken uns mit Essen für zwei Wochen ein (wir wollen eine 7-tägige Wanderung machen) und passieren problemlos die Strassenblockade auf der Strasse Richtung Nationalpark zusammen mit 5 anderen Toureros. 10 Km ausserhalb des Dorfes schlagen wir unser Zelt an einem schönen Fluss auf.



Strassenblockade in Richtung Nationalpark

15/1/2011

An diesem Tag können wir voll und ganz von Streik profitieren! Auf einer Strasse die normalerweise voll ist von Bussen die Touristen von Puerto Natales in den Nationalpark fahren ist weit und breit kein Fahrzeug zu entdecken. Wir treffen nur auf gestrandete Touristen die zum Teil seit Tagen im Park blockiert sind und nun zu Fuss den Park verlassen wollen. Am Nachmittag erlaubt dann das Streikkommitee die Evakuierung der blockierten Wanderer per Bus. Pech für ein paar ortodoxe Juden die wir am Wegrand treffen, dass Shabat ist und sie demnach keine öffentlichen Transportmittel benutzen dürfen.



Erste Sicht auf das Torres del Paine Massiv



Das Guanacho ist völlig unbeeindruckt von den gestrandeten Touristen

Für uns alles kein Problem, wir haben ja einen fahrbaren Untersatz und kommen dem Torres del Paine Massiv immer näher. Am Abend zelten wir im mittlerweile halbleeren Campground (und dies in der Hauptsaison!) gleich unterhalb der beindruckenden Felswände der Torres del Paine. Zu unserer Ueberraschung kommen wir auch noch in den Genuss eines Gratisessens der Campbetreiber. Diese hatten Mitleid mit den gestrandeten Wandereren, denen zum Teil das Essen ausgegangen ist.



Wir kommen immer näher



Sicht vom Campingplatz aus

So genug für diesmal. Morgen starten wir unsere grosse Mehrtageswanderung um das Torres del Paine Massiv.

Hasta pronto,

Isa & Philipp

2 Kommentare:

jeannine hat gesagt…

hallo zäme
immer wieder gehe ich in die "tour de rève" und erlebe so fast hautnah die wunderschöne reise,man könnte sagen ich spüre den wind um die ohren!!!!
machts guet

Jeannine

Beat hat gesagt…

Hallo Ihr Veloto(u)reros. Das hört sich zum Teil gfürchig an, sieht aber sehr gut (auf den Fotos) aus. Bei uns ist es auch kalt und windig, vielleicht stossen bei uns die Gletscher auch vor ... zur Zeit ist aber die Gletscherzunge erst beim Grimselsee. Weiterhin (ohne) Rad und Kettenbruch und liebe Grüsse.
Beat

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